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Die Haftung bei Turnieren: Veranstalter, Richter und Parcourschef in der Pflicht

Nicht nur Turnierrichter beschäftigen sich mit dem Reitsport, sondern auch Richter an zahlreichen deutschen Gerichten hatten in jüngster Zeit über Unfälle bei Pferdesportveranstaltungen zu urteilen. Ihre Richtersprüche sind gleichermaßen für Teilnehmer, Veranstalter, Richter und Parcours-Chefs sicher nicht nur für die nächste Turniersaison von Bedeutung:

 

Nicht verankertes Buschhindernis. 

Ein Vielseitigkeitspferd war bei einem Turnier so heftig gegen ein Hindernis gekommen, dass dieses umstürzte. Das Hindernis stand nur durch eigenes Gewicht auf dem Boden und war nicht zusätzlich wie von der FN vorgeschrieben mindestens 80 cm im Boden verankert worden. Der Reiter zog sich bei dem Unfall schwere Verletzungen zu. Das Landgericht Berlin hat hier sowohl den Turnierveranstalter, den Parcours-Chef und den Beauftragten der Landeskommission für Pferdeleistungsprüfungen Berlin-Brandenburg in der Haftung gesehen. Allerdings musste sich der Reiter ein Mitverschulden von 50 % anrechnen lassen: Er hatte nach Überzeugung des Gerichts das Hindernis nicht richtig angeritten. 

Falsch aufgestelltes Hindernis bei Springpferdeprüfung Klasse M

Auf 100.000 € hatte eine Reiterin einen Turnierveranstalter, die Turnierrichter und den Parcours-Chef verklagt. Ihr Pferd hatte sich beim Versuch, den Fangständer des zweiten Elementes bei einer Springpferdeprüfung Klasse M zu überspringen verletzt und musste schließlich eingeschläfert werden. Die Teilnehmerin wollte den Wert ihres Pferdes ersetzt haben, da die Konstruktion bzw. Aufstellung des Hindernisses nicht korrekt gewesen sei.

Sowohl das Landgericht als auch das Oberlandesgericht hatten der Klage zum Teil stattgegeben. Der Turnierveranstalter hat nunmehr den Weg zum Bundesgerichtshof gesucht, so dass eine endgültige Entscheidung noch aussteht.

Abreiteplatz bei Pferdeleistungsschau 

Die Teilnehmerin einer Pferdeleistungsschau war mit ihrem Pferd auf dem Abreiteplatz, als ein anderes Pferd von außen in Panik auf den Abreiteplatz stürmte, dabei die Umzäunung mitriss und hinter sich herzog. Ihr ausweichendes Pferd kam im Bereich eines Grabens zu Fall und erlitt einen Halswirbelbruch. Auch hier war von dem Vater der Teilnehmerin Wertersatz für das verunfallte Pferd gefordert worden, da der Abreiteplatz mit einer reißfesten Elektrokordel umgrenzt war, die bei dem Vorfall daher weder riss noch aber das eindringende Pferd zurückhielt. Auch der Graben sei nicht ausreichend gesichert gewesen Das Oberlandesgericht Celle bestätigte die abweisende Entscheidung des Landgerichts Hannover gegen den Pferdeeigentümer. Ein Abreitplatz müsse nicht wie eine Pferdeweide eingezäunt und gesichert sein, da die Pferde auf dem Abreitplatz unter Aufsicht seien.

Verletzung nach Dressurprüfung 

Eine erfolgreiche Dressurreiterin hatte einen Veranstalter auf rund 75.000 € verklagt, da sich ihr Pferd nach einer Dressurprüfung auf dem Weg von der Abreithalle zum Tagesparkplatz verletzt hatte. Das Pferd sei in Richtung des Tagesparkplatzes geführt worden, als sich plötzlich von hinten auf der benachbarten Sandbahn zwei Pferde in vollem Galopp genähert hätten. Hierdurch sei ihr Pferd aufgeschreckt worden, habe sich losgerissen, sei in Richtung Abreithalle zurückgerannt und schließlich schwer gestürzt. Das Oberlandesgericht Celle hat eine Haftung des Veranstalters abgelehnt, da Gefährdung des Pferdes weder durch das von ihm veranstaltete Turnier noch durch die von ihm für dieses Turnier genutzte Anlage eingetreten sei.

 

Rechtsanwältin Dr. Christine Conrad | www.conrad-recht.de

 

32. Ausgabe August/September 2010