Endlich beginnt die Weidesaison für unsere Pferde. Jedes Jahr ist es wieder aufregend, wie sich die Herde nach einem Winter auf der großen Sommerweide zusammenrauft.
Doch wie ist es eigentlich rechtlich mit dem Raufen, Knabbern, Rangkämpfen und Angriffen zwischen den Pferden? Die ein oder andere Verletzung entsteht während der Weidesaison, das wissen wir alle, aber wer zahlt die Tierarztkosten oder den sonst entstandenen Schaden?
Grundsätzlich haftet der Halter eines Tieres unabhängig von seinem eigenen Verschulden für die durch sein Tier verursachten Schäden aus § 833 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Es wird von der Rechtsprechung davon ausgegangen, dass von jedem Tier eine typische Gefahr ausgeht, durch die ein Schaden entstehen kann und für die man als Halter haften soll. Bei Pferden besteht die typische Gefahr u.a. im Ausschlagen, Beißen, Scheuen, Durchgehen und Ausbrechen aus der Weide. Denn gerade durch dieses Verhalten werden häufig Verletzungen bei anderen Pferden, aber auch bei Menschen oder Schäden an Gegenständen verur-sacht, so, dass oft erhebliche Kosten entstehen.
Manchmal hat jemand beobachtet, wie es zu einem Weideunfall gekommen ist, so dass der Unfallhergang klar ist. Der Halter des Pferdes, welches die Verletzung oder den Schaden verursacht hat, muss dann für alle aus dem Unfall herrührenden Kosten wie Tierarztkosten, die Transportkosten in eine Klinik und die Rehamaßnahmen etc. zahlen.
Genau für diesen Fall besteht die Tierhalterhaftpflichtversicherung. Diese übernimmt die Kosten, die der Tierhalter zu zahlen hat. Hat das eigene Pferd zu seiner Verletzung auch etwas beigetragen, in dem es das andere Pferd zum Beispiel provoziert hat - so typischerweise bei Rangeleien - wird ein prozentualer Abzug von der Haftungssumme vorgenommen. Denn dann hat sich auch die typische Gefahr des eigenen Pferdes verwirklicht.
Dieser Fall ist relativ klar und lässt sich durch die Zeugenaussagen der Beobachter belegen.
Oft wird die Verletzung jedoch erst später bemerkt. Man weiß weder genau was passiert ist, noch welches Pferd genau die Verletzung verursacht hat. Wenn der Tierarzt zu dem Schluss kommt, dass es sich eindeutig um eine Verletzung handelt, die durch ein anderes Pferd verursacht wurde, und nicht etwa durch eine Selbstverletzung oder eine Kollision mit dem Zaun oder Stolpern entstanden ist, haften alle Tierhalter, deren Pferde sich auf der Weide befunden haben, gemeinsam (Gesamtschuldner). Die Haftpflichtversicherungen aller Pferdehalter teilen sich dann den Schaden, weil es potentiell jedes Pferd gewesen sein könnte.
Die Haftpflichtversicherungen können hier keinen Abzug für ein mögliches Mitverschulden des verletzten Pferdes vornehmen, da sie die Mitschuld beweisen müssten. Da keiner den Unfallhergang beobachtet hat, ist dieser Beweis nicht möglich, so dass die Versicherungen voll einstehen müssen.
Fazit:
Bei einem Weideunfall sind die Kosten für den eingetretenen Schaden von dem Tierhalter zu ersetzen. Die Tierhalterhaftpflichtversicherung übernimmt nach Prüfung des Einzelfalles die hierbei entstanden Kosten, soweit der Schaden durch das versicherte Pferd entstanden ist.
Ich wünsche Ihnen und Ihrem Pferd einen unfallfreien schönen Sommer. Wenn Sie Fragen haben, biete ich Ihnen gerne eine umfassende und kompetente Beratung auch in allen anderen Fragen rund um das Pferderecht - und das mit mehr als 20 Jahren Erfahrung als passionierte Reiterin und Pferdehalterin!
Lisa Lou Berkau, Rechtsanwältin
31. Ausgabe Juni/Juli 2010