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Wanderritt von Ulrike Firk und Anja Stalder Gestütsweg Neustadt/Dosse zum Landgestüt Redefin

Mai! Endlich ist es wieder soweit und wir starten zu unserem Wanderritt! Es ist fast wie jedes Jahr - aber auch nur fast, denn im vergangenen Jahr konnten wir ja unseren Grenzritt entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze abschließen und da wir noch immer am Nacherleben sind, wollten wir nicht gleich mit unserem nächsten großen Projekt anschließen. So lag es für uns nahe, den bereits vor etwa 2 Jahren mit der Kutsche gefahrenen Gestütsweg vom Landesgestüt Neustadt/Dosse zum Landesgestüt nach Redefin noch einmal zu erreiten. 

 

Doch eine kleine Änderung sollte es geben - neben Anja´s wanderreiterfahrenen Mecklenburger Kaltblut Wallach Robin sollte dieses Mal nicht Ulrike´s Freiberger Chico laufen, sondern die 4-jährige Schleswiger Kaltblutstute Wicky. 

Anja und Jan starteten am späten Vormittag in Eggebek und Ulrike stieg auf der Raststätte Schackendorf an der B404 zu. So kamen wir nach einer staufreien etwa 4-stündigen Fahrt samt Hund Jackomo in Neustadt/Dosse an. Herr Walter, der diensthabende Stallmeister, erwartete uns bereits und zeigte den Stall und die Weide. Da es erst Nachmittag war und wir der Meinung waren, dass beide Pferde sich noch einmal die Beine vertreten sollten, entschieden wir uns zunächst für die Koppel. So grasten unsere Pferde genüsslich während wir in der Preußenschänke unsere Zimmer bezogen und anschließend die weitläufige Anlage besichtigten. Es ist sehr beeindruckend wie großzügig das Landesgestüt angelegt worden ist und welche Traningsmöglichkeiten sich daraus ergeben. Die Gebäude sind alle stilgetreu wiedererrichtet worden, doch leider wurde hier und da versucht die Moderne mit dem Traditionellen zu verquicken, was wir als störend empfanden. Während unseren Rundgangs kamen wir auch an den Statuen von Poesie und Poetin vorbei - zwei herausragende Pferdepersönlichkeiten des Gestütes. Anja und Ulrike manchmal doch mehr Kind als Erwachsene mussten natürlich unbedingt drauf. Da dort aber kein Schild stand, dass man die beiden nicht berühren darf, saßen wir mit Achtung auf. Wann hat man als Freizeitreiter schon einmal die Chance auf einer Bundeschampionesse zu reiten?

Schnell ging so der Tag zu Ende und die Pferde kamen in ihre Boxen und wir genossen ein Spargelessen in der Preußenschänke. Schade, dass diese Unterkunft, direkt auf dem Landesgestüt liegend, noch nicht renoviert worden ist. Vielleicht liegt es auch mit daran, dass sie scheinbar als Unterkunft für die zahlreichen Lehrlinge auf dem Gestüt dient, was auch den jugendlichen Esprit nachts auf den Fluren erklären lässt. Im Vergleich zu unseren folgenden Unterkünften war die Preußenschänke zusätzlich sehr teuer für das, was sie leistet.

Am nächsten Morgen sollten wir erst einmal die Federabdrücke aus unseren Körpern sortieren, die die Matratzen hinterlassen hatten. Nachdem wir dann Robin und Wicky geputzt und versorgt hatten, ging es zum reichhaltigen Frühstück. Mit gut gefüllten Bäuchen sollte es wenig später auf die erste Tagesstrecke gehen. Wicky machte einen etwas müden Eindruck, während Robin vor Energie strotze. Vielleicht sollte man die Eindrücke, die auf ein so junges Pferd einströmen nicht unterschätzen. Dennoch die beiden liefen fleißig am gestütseigenen Friedhof über Koppenbrück, Lohm, Voigtbrügge. Dort legten wir vor dem nächsten Waldstück eine Rast ein. Schnell hatten wir die Pferde abgesattelt und abgetrenst, Halfter drauf und während Anja die Pferde festhielt, baute Ulrike aus unseren teleskopierbaren Pfählen und Litze ein Paddock. Es war leider etwas windig und zeitweise etwas regnerisch am ersten Tag und so kam es uns gelegen, dass wir den Hochsitz, der an das Paddock angrenzte, als unseren Sattel- und Packtaschenständer nutzen konnten und gleichzeitig obendrin unsere mitgebrachten Brote essen konnten ohne auszukühlen. Schon bald nach dem ersten Grasen döste Robin und kaum hatte Anja es ausgesprochen, legte Wicky sich sogar ab. Nach etwa einer Stunde (diese Zeit hatte sich in den letzten 5 Jahren, in denen wir wanderreiten als sinnvoll herausgestellt) wurde nach dem Putzen wieder gesattelt und es ging weiter über Damelack nach Bendelin auf den Storchenhof. Frau Fuchs erwartete uns bereits. Die Pferde wurden abgewaschen, so dass wir Scheuerstellen vorbeugen konnten und sich die Pferde noch für ca. 1 Stunde auf der sicher eingezäunten Koppel neben den Ziegen wohlfühlen konnten. Dann kamen die beiden in eine große Box, die wir mit Hilfe unserer Litze in zwei teilten. So hatten die beiden einfach mehr Ruhe fanden wir. Frau Fuchs hat auf ihrem Hof den alten Kuhstall in Doppel- und Mehrbettzimmer umgebaut und kann so bis zu 30 Personen beherrbergen. Sie kochte uns zum Abendbrot einen hervorragenden Hackbraten mit frischem Salat, so dass wir uns schon am Abend auf ein schmackhaftes, kräftiges Frühstück freuen konnten. Am Abend erlebten wir noch das Schlüpfen von einigen Hühnerküken, was uns schon ein wenig faszinierte. Nach der Planung des kommenden Tages fielen wir müde in die gemütlichen Betten und schliefen glücklich und zufrieden ein.

Der nächste Morgen begrüßte uns mit wärmenden Sonnenstrahlen und frischem Rührei. Da wir für heute eine Etappe von 40 km geplant hatten, verließen wir den Hof bereits um 9 Uhr morgens. Zunächst ging es ein ganzes Stück an der Straße entlang, bis wir wieder auf Feldwegen waren. Während wir ritten, bemerkten wir eine kleine Taktunreinheit bei Wicky, konnten aber nichts fühlen oder ertasten und auch kein Stein war in ihren Barhufen zu finden. Dennoch entschieden wir uns sie zu führen. Auf der gesamten Strecke wechselten wir uns mit dem Führen ab - so konnte immer einer seine Beine auf Robin´s Rücken schonen und der andere beim Führen seinen Po. Es ging über Netzow, südlich an Klein Leppin vorbei (dort hatten wir auf unserer Wanderfahrt 2007 eine Nacht auf den Müllerwiesen verbracht), Groß Leppin, Plattenburg bis wir uns entschieden im Norden von Bad Wilsnack nach 22 km Rast zu machen. In der Rast - sicher durch die Ruhe - bemerkten wir an Wickys Vorderbein eine leichte Schwellung. Sie musste sich also doch vertreten haben. Noch vor dem Ritt hatte Anja beide Pferde im Vet-Check gehabt und das absolute OK bekommen, dass beide Pferde gesund und in einem konditionell guten Zustand sind. Sollten wir nun dennoch nicht weiterkönnen? Ja, wir entschieden uns aufzuhören und Jan um Abholung zu bitten. Auf keinen Fall wollten wir Wicky weiterlaufen lassen und riskieren, dass es mehr als nur ein Vertreten wird, was sie auszukurieren hat. So verbrachten wir 5 Stunden auf dem Rastplatz ehe Jan eintraf. Die Zeit verging wie im Fluge, denn neben der Tatsache, dass wir uns in einer wunderschönen Natur befanden und wir Frauen sind, die bekanntlich immer etwas „zu schnattern“ haben, entdeckten wir den Spaß am Bodenturnen, schauten, ob unsere gealterten Körper wohl noch Rad schlagen können oder Handstand schaffen. So ganz nebenbei, kreuzte ein Frischling unseren Rastplatz. Wir kamen aus dem Staunen nicht wieder raus, so dass uns erst im Nachhinein bewusst wurde, welches Glück wir hatten, dass die Bache nicht auch dabei war.

Gegen 19 Uhr trafen wir per Anhänger bei Frau Schäfer vom Landhaus Groß Breese ein - unserem nächsten Quartier. Wir hatten uns entschieden noch eine Nacht in dem uns schon bekannten traumhaften Ambiente inklusive 4-Sterne Frühstück im kaminbeheizten Backhuus zu verbringen und Wicky ein wenig Ruhe vor dem Transport zu gönnen. Den anderen Quartieren hatten wir telefonisch abgesagt und Frau Schäfer hat uns spontan in eine größere Ferienwohnung einquartiert. Sie erzählte uns auch, dass sie im Laufe der Jahre des öfteren erlebt hat, dass Wanderreiter oder -fahrer aus gesundheitlichen Gründen des Reiters, Fahrers oder Pferdes abbrechen mussten. Bei all der Niedergeschlagenheit sollten wir da doch froh sein, dass wir in den vergangenen fünf Jahren auf mehr als 2.000 Wanderreitkilometern immer beide Pferde samt Reiter heil nach Hause gebracht haben? 

Wir schauen nach vorne und werden den Gestütsweg vielleicht schon im Herbst erneut mit Wicky und Robin bereisen. Dann aber in Redefin beginnen, weil es der schönere Teil ist.

 

Veröffentlicht im horseWOman Magazin im Jahr 2009