Erfolge, wie Herr Stankus sie mit seinen behinderten Reitern in der Zeit von 2002-2009 verbuchen konnte, basieren auf harter Arbeit, Disziplin, ständiger Einsatzbereitschaft und Verfügbarkeit für das Team. Und das alles zehrt, trotz der vielen Erfolge, oder gerade wegen der großen Erfolge. Der Weg zum großen Erfolg ist keine geteerte glatte Fahrbahn, auf der man mit seinem Pferd ohne Behinderung, immer bei schönstem Wetter, glatt vorankommt. Es ist ein Weg, der sich freigeschlagen, freigeräumt und freigekämpft werden muss. Erfolg fördert und fordert!
Herr F.-M. Stankus hat sich als Bundestrainer für Behinderte aus gesundheitlichen Gründen zurückgezogen.
Die Reiterei hat heute viele Väter!
Viele Köche verderben den Brei! Heute wird durchs Fernsehprogramm gezappt! Und in der Reiterei tummeln sich viele Gurus mit Halbwissen herum. Meine Grundlage basiert auf der klassischen Reitlehre. Sie ist für mich das Fundament der Ausbildung von E bis Grand Prix im Springsport, wie im Dressursport. Ein Springsportpferd hat sicherlich nicht diese großen Dressurpferdbewegungen, nach der man heute Ausschau hält. In ihrer Trabbewegung liegen diese Pferde im Normalbereich, haben aber ein tolles Springvermögen oder Galoppade. Alle Talente benötigen die klassische Ausbildungsgrundlage. Bei allem Interesse an anderen Reitweisen, darf diese Grundlage nicht aus den Augen verloren werden. Und eines dieser Fundamente der klassischen Reitlehre ist die Geduld.
Gerade heute habe ich ein Paradebeispiel im Unterricht gehabt. Eine 5-jährige Stute sollte den Aussengalopp lernen. Die Reiterin beklagte sich, dass ihr Pferd immer umspringt, will aber auf einem Turnier eine Dressurprüfung der Klasse L reiten. Und in dieser Dressurpferdeprüfung kommt natürlich auf beiden Händen der Aussengalopp vor. Das heißt: Das Pferd muss einmal im Aussengalopp durch die Ecke und die halbe kurze Seite durchgehen, kommt dann erst zum Übergang, zur Parade, zum Schritt, um dann den einfachen Galoppwechsel zu reiten. Dieses Pferd sprang immer wieder um. Mein Fazit aus dieser Arbeit: Die Reiterin muss Geduld haben und sich nicht mit anderen Dingen beschäftigen, sondern wirklich auch solange und intensiv arbeiten, bis sie Stück für Stück es fertig gebracht hat, das Pferd erstmal an der langen Seite, dann durch die Ecke im Aussengalopp zu reiten, um gleich wieder weiterzureiten, ruhig durch die Diagonale kommend, dann kommt das Pferd von allein vom Aussengalopp in den Innengalopp und fühlt sich wohl.
Jetzt wird bewusst vom Reiter zur Unterstützung der Lektion das Loben gebraucht. Das haben wir dreimal mit Erfolg geübt und eine Pause eingelegt. Nach der Pause haben wir die Lektion wiederholt und siehe da, das Pferd hatte keine Probleme mehr mit dem Umspringen. So konnte sich das Pferd im Aussengalopp halten und dann ganz normal aus diesem Aussengalopp den einfachen Wechsel gehen. Das ist kein Garantieschein, dass es morgen oder übermorgen auch klappt. Sondern: Die Reiterin hat jetzt gelernt, mit welcher großen Intensität man sich mit dieser einen einzigen Lektion auseinandersetzen muss. Da geht es nicht darum, wenn das Pferd umgesprungen ist, wieder neu diesen Bogen zu reiten, dann darf man das Pferd erst gar nicht in den Innengalopp kommen lassen.
Sondern an der Stelle, wo das Pferd umgesprungen ist, durchparieren und wieder im Aussengalopp angeloppieren, um dem Pferd zu zeigen, dass es jetzt im Aussengalopp bleiben soll. Wenn das eben drei Runden dauert und 25 x im Außengalopp angaloppiert wird, irgendwann fällt der Groschen, und es entstehen Verknüpfungsmuster zwischen den Nervenzellen im Gehirn. Dann erst kommt eine Entspannung in Pfrerd und über das Loben begreift es, was man eigentlich wollte. Man sieht förmlich, wie das Pferd die Lektion verstanden hat.
Vor einem Jahr kam die oben erwähnte Stute zu mir in den Unterricht und war furchtbar eilig und hektisch in ihrer Trabbewegung. Ansonsten hatte sie überhaupt keine Bewegung. Die Reiterin hat dann begonnen, mit diesem Pferd erst einmal in der Ruhe solange zu arbeiten, bis es Vertrauen zu seiner eigenen Kraft entwickelt hat. Erst dann haben wir angefangen die Schubkraft zu entwickeln. Viele Reiter und Ausbilder wollen aber junge Pferden treten sehen. Diese oben erwähnte junge Stute konnte gar nicht treten. Sie war vom Körperbau nicht in der Lage zu treten, sondern musste erst mal zu sich selber finden, das Gleichgewicht finden, den Takt finden, die Ruhe, die Losgelassenheit. All diese Dinge, die zur klassischen Ausbildungsskala gehören, musste das Pferd lernen zu begreifen, abzuspeichern und umzusetzen. Das heißt: Es mussten Verknüpfungsmuster im Gehirn entstehen. Aus dieser Entwicklung heraus, zeigt sich heute eine traumhaft schöne Trabbewegung. Man ist sprachlos, weil man nun diese Stute in ihrer ganzen großen inneren Ruhe - mit Vertrauen zur eigenen Kraft - nur bewundern kann.
Ihr Franz-Martin Stankus Text: hell
Geduld
Das Wort Geduld (auch altertümlich: Langmut) bezeichnet die Fähigkeit, warten zu können. Oft gilt Geduld als eine Tugend; ihr Gegenteil ist die Ungeduld. Als geduldig erweist sich, wer bereit ist, mit ungestillten Sehnsüchten und unerfüllten Wünschen zu leben oder diese zeitweilig bewusst zurückzustellen. Diese Fähigkeit ist eng mit der Fähigkeit zur Hoffnung verbunden. Geduldig ist auch, wer Schwierigkeiten und Leiden mit Gelassenheit und Standhaftigkeit erträgt. (Wikipedia)
Aus der Hirnforschung wissen wir, dass eine Kurzzeiterinnerung entsteht, wenn sich vorübergehend ein Verknüpfungsmuster zwischen Nervenzellen formt. Dies geschieht, indem an den Kontaktstellen zwischen den Zellen, den Synapsen, mehr biochemische „Botenstoffe“ ausgeschüttet werden. Dieser „Pfad“ kann für Minuten bis Stunden erhalten bleiben, bis er schließlich wieder verblasst. Damit Erinnerungen ins Langzeitgedächtnis überschrieben werden, muss es dagegen zu dauerhaften Veränderungen der Strukturen und Übertragungseigenschaften an den Synapsen kommen. Neue Erlebnisse und Lernprozesse haben stets eines gemein: Das Verknüpfungsmuster der Neuronen untereinander prägt sich aufs Neue um – das Gehirn verändert sich, die Lektion ist verstanden. (Quelle: Wie das Gedächtnis funktioniert)
Vertrauen zur eigenen Kraft
Unter Vertrauen wird die Annahme verstanden, dass Entwicklungen einen positiven oder erwarteten Verlauf nehmen. Ein wichtiges Merkmal ist dabei das Vorhandensein einer Handlungsalternative. Vertrauen beschreibt auch die Erwartung, dass künftige Handlungen sich im Rahmen von gemeinsamen Vorstellungen bewegen werden. Vertrauen wird durch Glaubwürdigkeit, Verlässlichkeit und Authentizität begründet, wirkt sich in der Gegenwart aus, ist aber auf künftige Ereignisse gerichtet. (Wikipedia)
Veröffentlicht im horseWOman Magazin im Jahr 2009